Psychotraumatologie

Psychotrauma
Die Frage stellt sich Ihnen vielleicht immer wieder: Soll ich Belastendes aus der Vergangenheit ins Gedächtnis zurückholen? Die Traumaexpertin Luise Reddemann meint dazu: „Tatsächlich ist es so, dass es eine Menge innerer Stärke braucht, um sich an schlimme Dinge genau erinnern zu können, und daher sollten Sie das nicht versuchen, solange Sie sich nicht sehr stark fühlen.“ Die Frage, die sich anschließt lautet, kann man denn stark werden und wie? Was ist, wenn traumatische Bilder von alleine immer wieder auftauchen?
Zuerst einmal kann wichtig sein, sich zu Trauma zu informieren, wenn Sie traumatisches Erleben bei sich vermuten oder davon wissen. Es ist ein aktiver erster Schritt. Es finden sich sehr viele Fachbeiträge im Netz und es gibt viele seröse Fachbücher. Ein Buch zur ersten Einführung kann zum Beispiel das Buch von Reddemann / Dehner-Rau sein mit dem Titel „Trauma. Folgen erkennen, überwinden und an ihnen wachsen. Es ist ein Übungsbuch für Körper und Seele.“ ( Trias-Verlag), gut verständlich geschrieben – und bei weitem nicht das einzige. Oder zur Selbstlektüre und Selbsthilfe das Buch von Francine Shapiro „Frei werden von der Vergangenheit“ oder umfassender bzw. geradezu episch informativ ist Bessel van der Kolks „Verkörperter Schrecken“.
Der Mediziner und Traumaforscher van der Kolk erzählt in einem Interview, dass die Traumaforschung inzwischen weiß, dass sich nicht nur Katastrophenereignisse traumatisierend auswirken, sondern auch Ereignisse in der Familie, im familiären Umfeld. Das folgende Zitat dazu stammt aus einem SPIEGEL-Interview mit Bessel von der Kolk, dass den Titel trägt: “ Der Krieg beginnt zuhause“ (SPIEGEL Nr. 45, 5.11.2022, S. 114):
„Ein Trauma ist Ereignis, das die eigene Fähigkeit, es zu bewältigen, übersteigt und bei dem man niemanden hat, der einen beschützt. Kinder sind ständig überfordert, aber dann heben ihre Eltern sie hoch, trösten sie, kümmern sich. Wenn man jedoch allein ist und ein tiefes Gefühl des Schreckens und der Hilflosigkeit erlebt, besteht die Gefahr, dass man darin stecken bleibt. Wenn so ein Trauma das zentrale Nervensystem überwältigt, dann wird es zur endlosen Episode, dann reagiert der Betroffene körperlich mit seinem hormonalen Stresssystem weiterhin so, als ob das Trauma immer noch stattfände“ .
Traumata oder traumatische Erfahrungen unterscheiden sich also wesentlich von belastenden Lebensereignissen. Es ist weit mehr als eine Alltagsbelastung oder nachhaltige Kränkung. Traumatische Erfahrungen sind jedoch keine Seltenheit und viele Menschen haben Sie in Ihrem Leben gemacht: Kriegserlebnisse, Fluchterlebnisse, Gewalterlebnisse, Katastrophenerlebnisse, traumatisierende Beziehungserfahrungen. Auch transgenerative Traumata sind dabei ein wichtiges Thema. Also von Großeltern oder Eltern erlebte Traumata, die sie an ihre Kinder weitergeben.
Was nun traumatisierende Beziehungserfahrungen betrifft, spricht die Forschung inzwischen auch von „Entwicklungstrauma“ (van der Kolk, ebd, S. 115). Die Erkenntnis daraus ist, so van der Kolk, dass frühkindliche Traumata in verschiedenen Altersstufen auch „das Gehirn verändern“. Das betrifft vermutlich viele Menschen. Wer immer wieder im Verlauf seiner Kindheit und / oder Jugend wiederholt herabwürdigende, missbrauchende, gewalttätige, demütigende Erfahrungen gemacht hat, hat nicht selten den weiteren Teil seines Lebens mit den Folgen zu tun, die sich dann mehr oder weniger „persönlichkeitsstörend“ auswirken.
Das trifft zum Beispiel auf viele borderline-betroffene Menschen zu (Borderline Persönlichkeitsstörung) , deren wiederholt schwer traumatisierendes Erleben in der Kindheit / Jugend sich später als Emotionsregulationsstörung gerade auf der Beziehungsebene zeigt.
Doch nichts ist in Stein gemeißelt. Viele Menschen erholen sich nach traumatischem Erleben auch wieder. Insbesondere mit therapeutischer Hilfe sowie insgesamt über positive Beziehungserfahrungen. Es kann aber auch bedeuten, je nach Schwere und Dauer der erfahrenen Belastungen, leben zu lernen mit den Verwundungen und Vernarbungen. Das Gute ist, Menschen sind grundsätzlich so ausgestattet, dass sie traumatische Erfahrungen verarbeiten können, sich erholen können.
Manchmal geht die Erholung phasenweise auch nur so lange gut, wie nicht erneut und wiederholt belastende Situationen auftreten (Trigger und die Gefahr der Retraumatisierung). Oder nicht verheilte Wunden wirken sich zunehmend auf die Lebensgestaltung aus. Van der Kolk: „Es ist schwierig, mit einer traumatisierten Person zusammenzuleben (…). Traumatisierte Menschen neigen dazu, entweder vor Wut zu explodieren oder sich abzuschotten“ ( ebd., S.115).
Sie kennen vielleicht aus Filmen die Darstellung von traumatisierten Soldaten, die aus dem Krieg zurück kehren und die Bilder und Erlebnisse nicht mehr los werden, von ihnen verfolgt werden. Dabei handelt es sich um unverarbeitete Traumata, die als PTBS ( posttraumatische Belastungsstörung), bezeichnet werden. Je nach Schwere einer traumatischen Belastung brauchen Sie entsprechende professionelle Hilfe wie Traumatherapie bei erfahrenen Psychotraumatologen. Je nach dem kann auch im Vorfeld psychotraumatologische Fachberatung im ersten Schritt sinnvoll sein. Wenn erst mal kein Traumatherapieplatz zu bekommen ist.
Das DIPT beschreibt die Weiterbildung zum*zur Fachberater*in für Psychotraumatologie, die ich absolviert habe, mit folgenden Worten:
„Den Teilnehmenden wird Wissen über traumatische Verläufe, psychotraumatische Folgestörungen sowie über traumaspezifisch modifizierte Möglichkeiten und Techniken der Beratung vermittelt. Denn Psychotraumatologie ist eine wissenschaftliche Disziplin, die sich mit den Ursachen, dem natürlichen Heilungsverlauf seelischer Verletzungen und den Möglichkeiten der Erholung/Heilung befasst. Die psychotraumatologische Fachberater*in ist in der Versorgungskette für Traumatisierte in unterschiedlichen Einrichtungen tätig und erfüllt wichtige Aufgaben und Funktionen. Häufig sind sie für Traumatisierte frühzeitig Ansprechpartner*in. Der angemessene Umgang mit traumatisierten Menschen erfordert spezielle Kenntnisse und Kompetenzen.“ .
vgl. DIPT, Deutsches Institut für Psychotraumatologie
So kann ich Ihnen damit auf der Basis eines umfassenden Grundwissens das Folgende anbieten:
- Ansprechpartner zu sein für Ihre Fragen rund um das Thema Trauma und PTBS
- psychoedukative Maßnahmen mit Ihnen besprechen, Ihnen vorstellen (Wissen zu Trauma, Traumafolgestörungen)
- Stabilisierungstechniken vermitteln
- Anleitung zur Krisenintervention geben
- Prognostische Einschätzungen mit Ihnen betrachten, reflektieren
- Beratungs- und Vermittlungsstrategien besprechen (auch bezogen auf postexpositorische Einflüsse wie Stigmatisierung oder Reviktimisierung)
Am allerwichtigsten ist, dass Sie im Kontakt mit Therapeut oder Berater selbst herausfinden, ob Sie sich im Beratungssetting wohl fühlen. Ob Sie den Eindruck haben, dass es Ihnen helfen oder nutzen kann. Wichtig ist zuerst: Sie allein entscheiden, was für Sie richtig ist. Ich unterstütze Sie gern darin, zu sortieren, wo Sie stehen und was passieren soll, damit ihr (Er)Leben leichter wird.